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Im Westen wird Gorbatschow hoch geschätzt, weil er den Kalten Krieg beendete und maßgeblich am Gelingen der Deutschen Einheit beteiligt war. Zudem kanalisierte er die beim Zerfall des Sowjetreiches frei werdenden Kräfte nach innen, in eine Implosion, anstatt sie in aggressiver Form nach außen dringen zu lassen, etwa in einem Krieg. In Russland ist sein Ruf dagegen weit schlechter als im Westen, weil er nach verbreiteter Meinung den Zusammenbruch der Sowjetunion und die folgende Phase wirtschaftlicher und politischer Unsicherheit verursacht hat. Bei den Präsidentschaftswahlen 1996 erhielt er weniger als ein Prozent der Stimmen.

1992 gründete Gorbatschow die Gorbatschow-Stiftung, 1993 die Umweltschutzorganisation Internationales Grünes Kreuz. Er wurde Mitglied im Club of Rome. Vor allem seit Anfang des 21. Jahrhunderts kritisierte Gorbatschow die weltweite Machtpolitik der Regierung um George W. Bush.

Innenpolitisch versteht er sich als Sozialdemokrat und ist als Vorsitzender von mehreren russischen Parteien dieser Orientierung tätig gewesen. Er kritisiert in Russland den ungezügelten Kapitalismus und sieht heute die Perestroika als sozialdemokratisches Programm, das jedoch durch die radikalen Marktreformen nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion nicht zu Ende geführt wurde. Außenpolitisch ist er Vorsitzender des Lenkungsausschusses im Petersburger Dialog, der sich für eine Verbesserung der deutsch-russischen Zusammenarbeit einsetzt.

In einer Rede vor dem Deutsch-russischen Forum im Mai 2007 kritisierte Gorbatschow die Jelzin-Politik, die vieles in Russland „zerschlagen“ habe - das dann durch Putin wieder aufgebaut worden sei. Kritisch äußerte er sich Anfang 2008 über Stereotypen und Klischees in der aktuellen Berichterstattung deutscher Massenmedien aus Russland. Er fordert von den örtlichen Korrespondenten ein tieferes Verständnis für die Zusammenhänge und Probleme des Landes und eine größere Themenvielfalt in der Berichterstattung, die er aktuell vermisst


"Auf der Suche nach einer neuen Ethik"


erschienen in Wostok 4/1993 (Pressenachfolger der Zeitschrift Sowjetunion heute)

Eine Frage, mit der ich mich beschäftige, ist, wie weltweit Grundlagen, auch politische und staatliche, für die Zusammenarbeit der Menschheit geschaffen werden können. Diese Erfahrungen arbeiten wir auch mit einer Gruppe von Freunden in Deutschland auf, wir nennen uns Weltföderalisten


Gedankengut von einer besseren Welt



erschienen in der Walsroder Zeitung / Hannoversche Allgemeine Zeitung
am 08. November 1993