Braucht die Weltwirtschaft den Weltgeist?


Ein neues Forum für Weltbürger

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Es trägt den selben Kürzel, WSF, den auch das World Sozial Forum für sich in Anspruch nimmt. Doch wo letzteres seinen Schwerpunkt auf Wirtschafts- und Globalisierungskritik legt, will das WSF in Arosa eine Plattform werden für die schrittweise Wiederbelebung des humanitären Geistes in Weltwirtschaft und Weltpolitik. Die Skizzierung einer Weltethik steht im Mittelpunkt, welcher ein Vermittlungspunkt zwischen Ethik, Politik und Wirtschaft werden soll. Ein wagemutiges Vorhaben. Vom 18. bis 20. Januar fand im Konferenz-Hotel Kulm Arosa das erste WSF zum diesjährigen Tagungsthema "Ethik und Wirtschaft" statt. Am 21. Januar sollte eine WSF-Resolution Klaus Schwab, dem Gründer und Präsidenten des World Economic Forum (WEF) im benachbarten Davos, überreicht werden. Obwohl die beiden Orte Davos und Arosa nur von einem kleinen Bergrücken getrennt werden, scheinen jedoch zwischen heutiger Weltwirtschaft und Weltethik bzw. Spiritualität zur Zeit noch unüberbrückbare Welten zu liegen. Wie der renommierte Züricher TAGESANZEIGER am 9. Januar unter der Überschrift >In Davos das WEF, in Arosa der Spirit< feststellte: "WEF-Gründer Klaus Schwab reagierte auf einen Informationsbrief ohnehin distanziert. Er dankte für die Info und erachtete weitere Gespräche als nicht notwendig." Die fast 150 WSF-Teilnehmer und die 14 Redner aus Wirtschaft (zumeist mittelständische Unternehmer), Kultur, Zivilgesellschaft sowie den Sozial- und Geisteswissenschaften ließen sich von der Ignoranz der Top-Manager und Spitzenfunktionäre in Davos nicht sonderlich beeindrucken. WSF-Präsident Sesto Castagnoli aus Zürich eröffnete das Forum am Sonntag mit den Worten "Zwischen Macht und Spiritualität ist keine Eiszeit mehr." Diese kühne Behauptung wurde von dem nachfolgenden Auftaktredner Peter Grieder, Kurator des klösterlichen Tibet-Instituts in Rikon, wieder relativiert: "Im Laufe der Jahre ist in Davos die Ethik weggefallen und das reine Raubrittertum ist geblieben." Grieder referierte seinen Vortrag über buddhistische und hinduistische Ethik zwar mit Manuskript, aber sehr souverän im Kontakt mit dem Publikum.
Im Anschluß daran meinte die von einem Internet-Magazin zur "Unternehmerin des Jahres 2001" gekürte Rednerin Anne Koark: "Heute Abend vermählen sich Herr Business und Frau Ethik." (Ein Zuhörer tuschelte kontraproduktiv von "steigender Scheidungsrate".) Später sprach Ralf Nemeczek, Managertrainer und Autor des Buches >Fun Economy<, bei seiner PowerPoint-Computerpräsentation über Spaß an der Arbeit, berufliche Selbstverwirklichung und Fair Play im Business: "Mit dem Geld verdienen, was einem am meisten Spaß macht!". Nun, das WSF-Organisations-Team Sesto Castagnoli, André Niedermann und Ruth Stylianou hat für den Spaß, das WSF als Privatinitiative zu organisieren, teilweise mit der Auflösung privater Sparrücklagen bezahlt. Jenseits der Rhetorik mancher Redner dürfte dies eine echte spirituelle Leistung gewesen sein. Und dies klingt weniger nach Spaß-Gesellschaft, sondern eher nach Berufung, die ihren Preis hat. Während in der Panoramahalle die Vorträge stattfanden, philosophierten die "Spirit in Business"-Mitglieder Albert Pietzko und Sabine Berchtold im Salon Alpenpost über die Spiritualisierung der Unternehemskultur. Notwendig sei, das Thema "Spiritualität auch in Wirtschaftskreisen salonfähig zu machen". Die Fragen des Erziehungswissenschaftlers Traugott Elsässer von der Uni Fribourg, warum sich beim SiB-Konzept alles ums Unternehmen dreht und kaum etwas um die Mitwelt und das Gesellschaftswohl und ob zur spirituellen Ethik nicht auch gehören müsste umwelt- und sozialschädliche Unternehmen zu schließen, brachte die SiB-Leute sichtlich aus dem Konzept. Nur der ehemalige Musikunternehmer Hans Jecklin stimmte dem spontan zu und sprach davon, wie es ihn anödet, dass so viele Firmen halblegale Wege finden, die Steuern zu hinterziehen, den Sozialstaat tot zu rüsten und die Umwelt zu zerstören. Solche spontanen Augenblicke der Wahrhaftigkeit können auch Spiritualität kennzeichnen. (Er sprach aber offiziell nicht darüber, warum er seine ererbte Firma an die Konkurrenz verkaufte.) Ein weiterer WSF-Referent, Stephan Mögle-Stadel, fragte die SiB-Leute, ob sie sich darüber klar seien, dass sie sich entscheiden müssten, entweder schmerzhaft ernst zu machen mit einer Unternehmensethik zugunsten von Menschheit und Erde - oder aber Seminar- und Salonspiritualität zu betreiben.
Brilliant, wenn auch teilweise vom Blatt abgelesen, war der Vortrag des Religionswissenschaftlers Prof. Michael von Brück über "Eine Ethik des Seins - Grundlage für kreative Prozesse in Wirtschaft und Gesellschaft". Sein auch sprachlich geistreicher Vortrag gehört zu jenen, die man sich selbst als Nichtteilnehmer in Form von Video, DVD, MC oder CD bei audionetz@aol.com bestellen sollte. (Alle Vorträge wurden multimedial aufgezeichnet.)


Zu den geheimen Höhenpunkten des WSF gehörten auch die Kamingespräche im kleinen Kreis von etwa 12 Teilnehmern und 4 Referenten. So jenes über Besessenheitsphänomene in Politik und Wirtschaft mit Michael von Brück, dem ehemaligen Investment-banker Ralf Wilms ("Bei Menschen und Managern unter extremen Stress stellt sich schon die Frage: Wer redet da mit meiner Zunge?") und dem Schriftsteller Stephan Mögle-Stadel. Dieser warf zusammen mit der afrikanischen Medizinfrau Sobonfu Somé am dritten und letzten Tag dann auch das Konzept der ersten beiden Tagen über Bord: die bis dahin zumeist vom Manuskript oder von der Leinwand (per PowerPoint-Beamer) abgelesene Fachvorträge, welche selten einen unmittelbaren Bezug zum "World Spirit" Forum selbst hatten. Mögle-Stadel las nur den ersten Absatz seines Manuskriptes "Weltwirtschafts-Macht und Menschheits-Ethik als Manifestation des Welt-Geistes" vor, in welchem er die Frage aufwarf, wozu in unserer Zeitsituation ein solches Forum für den Welt-Geist notwendig sei? Dann löste er sich vom Manuskript und vom Rednerpult und stellte dem Publikum die Frage nach Kennzeichen von Spiritualität? Seine Antwort war Spontanität, Improvisation und den Quanten-Sprung zu wagen, alte Konzepte und Manuskripte loszulassen. Sein Redemanuskript beförderte er in einem bislang vom Publikum unbeachteten Papierkorb neben dem Rednerpult. Es entstand zunächst einmal eine Schweigeminute. Nachdem er von der Chance sprach, die sich eröffnet, wenn nicht mehr ein Stapel Papiere oder ein auswendig gelernter Text zwischen Redner und Zuhörern steht, bat er drei Menschen aus dem Publikum auf die Bühne zu kommen. In einer an das systemische Organisationsstellen erinnernden Improvisation stellte er die Bereiche der Sozialen Dreigliederung auf die Bühne. Eine Frau übernahm die Rolle des Geisteslebens bzw. der Ethik, ein Akademiker die Rolle des Rechtslebens und ein beleibter Geschäftsmann jene des Wirtschaftslebens. Danach ging es durch die Menschheitsgeschichte, wo abschnittsweise jeweils einer der drei Bereiche die anderen dominierte (dargestellt durch den Schritt auf die nächst höhere Stufe des Podestes).


Dabei befragte Mögle-Stadel unter den Aspekten Freiheit, Gleichheit, Sozialität die Mitspieler, wie sie sich in ihren Rollen fühlten und welche Gedanken ihnen durch den Kopf gingen. Nach dieser ungewohnten Einführung in die Dreigliederung, mehr Performance als Vortrag, war das Eis gebrochen. Sobonfu Somé und Hans Jecklin sprachen ebenfalls frei über "Warum rebelliert die Jugend?" (Vielleicht auch, weil sie genug hat vom Vorgelesenen?) und über "Integral Leadership - Handeln aus dem Herzen". Der einzige, der an diesem letzten und freiesten Tag wieder zum Manuskript zurückkehrte, war der Stifter des Alternativen Nobelpreises Jakob von Uexkull, welcher u.a. über die anstehende Gründung eines Weltzukunftsrates in Hamburg sprach. Für den Januar 2005 sollen neben 500 Teilnehmern auch Nelson Mandela und Kofi Annan nach Arosa eingeladen werden, damit das WSF immer mehr auch zu einem kosmopolitischen Forum wird.

Lennart Grumer in der Zeitschrift Zeitenspiegel

2004 gehörte Stephan Mögle-Stadel zu den Gründungsmitgliedern des World Spirit Forums in Arosa (Schweiz) als alternative Veranstaltung zum World Economic Forum im nahe gelegenen Davos. Im Januar 2004 hielt er dort als einer der Keynote speaker einen Vortrag (mit Elementen des systemischen Organisationsstellens) über „Weltwirtschaftsmacht und Menschheitsethik als Manifestation des Weltgeistes“. Nachdem er die Nacht mit einem anderen Menschen in der Lobby eines nahe dem Kongresszentrum gelegenen Berg-Hotel über das Konzept des WSF und seines Vortrages philosophiert hatte, erreichte er gerade noch rechtzeitig im Laufschritt zum Ende der Vormittagspause den mit Scheinwerfern gut erwärmten Tagungsort. Dort wurde er von der Moderatorin gefragt, ob er seinen Vortrag nicht ohne Manuskript in Freier Rede halten könnte, da die beiden Vorredner schon fast vom Blatt abgelesen hätten – und dies nicht so ganz dem Geiste des Forums entspräche. Dies ist die Eingangs-situation des obigen Videos, wo Mögle-Stadel dann sein Rede-Manuskript in den Papierkorb links unter dem Stehpult befördert und eine gänzlich spontane Rede hält, der er später noch ein Element aus dem systemischen Organisationsstellen hinzufügt, indem er Teilnehmer die drei Bereiche Wirtschaft, Staat und Kultur unter seiner Moderation darstellen lässt. Der Vortrag endet mit der Einblendung einiger Lichtbilder über die unterschwellige Wiederkehr des SS-Wirtschaftsimperialismus als Neoliberalismus getarnt in unserer Zeit.

Tagebuchnotitzen zu WSF, Arosa-Rede, 2004 (38 J.) - link zum Video der Rede

Ich
war oben
auf dem Berg
Und ich habe gesprochen
mit dem, was ihr „Gott“ zu nennen beliebt
und mit jenem, den ihr als „Satan“ fürchtet & verabscheut
Ich habe dort oben, in der Einsamkeit der Nacht
mich mit beiden Seelen-anteilen beraten
Beide Möglichkeiten sind mit mir
waren in mir, und ich habe
mich entschieden, für
den Namenlosen
Urgrund des
Seins

Ich
lächele
etwas komisch
zu einem im Publikum
mit dem ich die halbe Nacht über
im Dialog zu meinem Vortragsthema war
Was süffisant erscheint, ist keine Ironie zur Rede
sondern Erinnerungsblitze, die mich angesichts eines großen
Themas über mich selbst lächeln lassen, und leicht
Anlass zu Fehldeutungen geben könnten
Ich bin gejoggt, um noch rechtzeitig
zur Rede zu gelangen. Schweiß
steht in meinem Gesicht
und so beförderte ich
dies Manu-Skript
in einen Korb
für Papier

Meine leise
gehaltene Stimme
schafft keine künstlichen Höhen
und Tiefen. Es ist nicht die Erscheinungsform
sondern der Inhalt, der innere Halt, der wichtig ist, mit
zu teilen. Dieses Licht kann in jedem aufleuchten
egal, ob er zuvor den inneren Weg des Hindu-
ismus, des Islam, des Judentums, des
Christentums, des Buddhismus
oder des atheistischen
Humanismus zu
Ende ging


Audiodemo:


Hören Sie einen Teil des Vortrages über Weltrecht, Weltwirtschaft und Weltethik (00:35:23 min)

Hier als Podcast

35:23 Minuten Stephan Mögle-Stadel

16.07.2009: Vortrages über Weltrecht, Weltwirtschaft und Weltethik (ca. 35min)

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